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Tag 1: 24. März 2021
Bluse oder Hemd, einen internetfähigen Laptop, einfachen Zugang zu einer Kaffeemaschine - mehr braucht es nicht wirklich für das Jugendparlament der Alpenkonvention (YPAC) 2021, mehr oder weniger in Trogen in der Schweiz. Rahmenthema: Kinderrechte in der Alpenregion. Unsere Rosenheimer Delegation sitzt, quer über den Landkreis verteilt, arbeitshungrig vor den Rechnern.
Nach einem ersten Vorgeschmack in der offiziellen Eröffnungszeremonie via Zoom mit Musik, Reden von Politikern und unserer Rosenheimer Co-Präsidentschaft Antonia Jakob und Jonas Mattig und allem Drum und Dran wurde klar: So anders wie sonst wird das alles gar nicht. So sitzen sie jetzt alle vor den Laptops, ob alleine im Home-Office oder in Gruppen, unter strenger Einhaltung aller Corona-Maßnahmen, in Hubs und schreiben, diskutieren und haben Spaß wie bei jedem YPAC.
In den heutigen Tag wurde locker mit einem kleinen Online-Spiel gestartet. Die Präsidentschaft stellte Fragen, die Delegierten antworteten per Zeichnung, in die Kamera gehalten, einige Glückliche durften ihre Kunstwerke sogar erläuterten. Nach allgemeinem, zumindest sichtbarem Gelächter (die letzte Frage war „Was war dein peinlichster Moment beim YPAC?”) starteten die ernsten Auseinandersetzungen mit dem Thema Kinderrechte in der Alpenregion mit Inputs durch Vorträge von UNICEF-Mitarbeitern.
Und auf diese Weise gut informiert, starteten die Online-Committee-Meetings. Aufgeteilt in vier Breakout-Rooms arbeiteten die Schülerinnen und Schüler an der Lösungsfindung zu Problemen zu den Themen ‚Persönliche Entwicklung und Bildung’, ‚Gesundheit und Wohlbefinden’, ‚Meinungsfreiheit und Partizipation’ sowie ‚Gleichberechtigung, Integration und Migration’. Erste Ideen zu den Postulations, also den Problemlösungen, wurden heute über Brainstormings, Austausch mit Experten und Diskussionen innerhalb der Committees erreicht. Auch hier fehlte vergleichsweise nur die physische Interaktion mit den Mit-Diskutierenden, ansonsten wurde - wie gewohnt – von den Delegierten gearbeitet bis die Köpfe rauchten.
Abends gibt es, nach individueller Dinner-Gestaltung, natürlich ebenfalls einen Ausklang, der den Teilnehmenden allzu sehr gefallen dürfte: Among Us, das wohl populärste Spiel des letzten Sommers, mit der YPAC-Gruppe. Aber keine Sorge: auch wenn es im Spiel so scheinen mag - unter den jungen Arbeitenden gibt es keine Impostor! Denn trotz aller Schwierigkeiten, Professionalität wird beim YPAC großgeschrieben.
Tag 2: 25. März 2021
Tag zwei im Online-YPAC, ohne WLAN-Zusammenbrüche, Plattform-Zusammenbrüche oder generelle Zusammenbrüche - die Internet-Götter sind uns wohl gesonnen. Und so konnten die Delegierten problemlos an ihren Postulations weiterarbeiten, deren Vollendung im Mittelpunkt der heutigen Committee-Meetings stand.
Davor allerdings gab es erneut einen morgendlichen Input. Ein Kurzvortrag eines Schweizer Politikers sollte den Schülerinnen und Schülern das Reden-Schreiben (vor allem in Hinblick auf die morgige Generalversammlung) näherbringen, diese durften ihr Können direkt unter Beweis stellen. Die YPAC-Präsidentschaft gab Themen vor, über die 90 Sekunden spontan geredet werden sollte. Die Überzeugendste gewinnt, die Wahl war nicht gerade einfach, allzu überzeugend wurde die Bedeutung des Umarmens von Bäumen oder das Vorgehen beim spontanen Verwandeln eines Lehrers in eine Katze vorgetragen.
So weit, so gut, jetzt hieß es, weiter zu arbeiten. Die Postulations mussten zu Ende gebracht werden: Der Inhalt wurde themengerecht zusammengefasst, unterbrochen von der ein oder anderen Diskussion über eben diesen; die Zusammenfassung wurde rhetorisch angepasst; diese angepasste Zusammenfassung musste mit einem passenden Titel versehen werden; dann: neuer Input von den Experten im World Café; neue Überarbeitung der Postulations; Diskussionen über die Argumentation; proofreading und einreichen; Diskussion über die Anmerkungen der Präsidentschaft; die Presse gab Interviews für das YPAC-interne Radio; schließlich sind alle zufrieden, sechs Stunden später.
Die Arbeit aber endete nicht damit, denn sobald die Postulations standen, galt es, sich auf die General Assembly vorzubereiten, also Reden schreiben, Schwächen suchen und sich auf die Verteidigung der Vorschläge einstellen, schließlich wird morgen über diese abgestimmt. Die von der Generalversammlung gewählten Postulations werden anschließend an die politischen Ebenen herangetragen.
“Leute, das YPAC ist anstrengend!”, meinte unser Co-Präsident Jonas Mattig. Eine Anstrengung, die aber alle Teammitglieder des Karo gerne auf sich nehmen.
Tag 3: 26. März 2021
„Kämpft für Freiheit und für Wahrheit!” Mit diesen Worten eröffnete YPAC-Präsident Ruben Rauter die heutige General Assembly, das Highlight, auf das die Delegierten die letzten drei Tage mit all den Diskussionen, all der Recherche und all den Brainstormings intensiv hingearbeitet hatten. Trotz Zoom.
In einem letzten kurzen Meeting konnten sich die Committees noch einmal kurzschließen, die anderen Postulations durchgehen und mögliche Fragen besprechen. Dann die Eröffnungsreden, angefangen mit Alfred Stricker, Regierungsrat des Schweizer Kantons Appenzell Ausserrhoden, und Ulrich Seewer, Vizedirektor des Schweizer Bundesamtes für Raumentwicklung. Die letzte Rede kam von der Generalsekretärin der Alpenkonvention Alenka Smerkolj, die ihren Stolz über das Jugendparlament zum Ausdruck brachte und daran erinnerte, wie wertvoll Projekte wie das Jugendparlament, aber vor allem auch engagierte Jugendliche aus den Alpenländern für die Politik sind. Wie es bereits in den Postulations steht: „Die Jugend ist die Gegenwart der Politik!”
Und damit ging die Versammlung los, die Postulations wurden von den jeweiligen Committees vorgestellt, die anderen Parlamentsmitglieder durften Fragen dazu stellen, Reden against or in favor halten, sogar Änderungsvorschläge einbringen, über die dann via App abgestimmt wurde. Nach wie vor mit einer Professionalität, von der sich das ein oder andere Parlament eine Scheibe abschneiden könnte. Neben großer Geduld und Konzentration mussten die Teammitglieder des Karo sowie die aller anderen neun Schulen besonders viel Sitzfleisch beweisen, da die Versammlung den ganzen Tag über andauerte.
Von den zwölf vorgestellten Postulations werden am Schluss, ebenfalls via App, acht zu Resolutions gewählt, die dann an die Politik herangetragen werden und möglicherweise als Grundlage oder Input für zukünftige politische Vorhaben dienen können.
Groß waren die Zweifel gegenüber der diesjährigen Sitzungswoche, inwiefern sie online funktionieren würde, und ob der YPAC-Spirit alle erfassen würde. Diese Zweifel können nach drei Tagen Online-YPAC getrost vom Tisch gefegt werden. Die Diskussionen waren interessant wie immer, vielleicht sogar produktiver als sonst. Die Lösungsvorschläge sind prägnant. Zwar fehlte der physische Kontakt sehr und Sitzungswochen in Präsenz werden immer bevorzugt werden, aber falls Corona weiterhin sein Spiel spielt, dürfte Trogen ein Beispiel für eine Alternative gesetzt haben. Und auch online wurde bewiesen: Das YPAC ist mehr als eine Simulation!
Leonhard Schroeder, Q 12