¡Mi casa es tu casa! - mein Leben in Guadalajara

Es ist der 25.10.2024. Wie benebelt sitze ich nach einer anstrengenden Reise im Auto einer noch so gut wie fremden Familie und fahre an einen mir unbekannten Ort auf der anderen Seite der Welt. Noch nie zuvor habe ich eine so anders wirkende Stadt gesehen - mit großen Highways, Automassen, Palmen und für mich unaussprechlichen Ortsnamen. Dabei werde ich nett angesprochen. Da ich allerdings erst seit wenigen Wochen Spanisch lerne, lächle ich nur und nicke ab und an, während sich mein Blick gebannt nach außen richtet und versucht die neuen Eindrücke einzusaugen. Das waren die ersten Impressionen meiner Austauschstadt Guadalajara, die ich schon bald mein zweites Zuhause nennen durfte. Von Ende Oktober 2024 bis zum Januar 2025 wurde ich von einer ausgesprochen herzlichen Gastfamilie in ihrem Haus nach dem Motto „mi casa es tu casa“ (zu deutsch: mein Zuhause ist dein Zuhause) in der zweitgrößten Stadt Mexikos, Guadalajara, willkommen geheißen. Meine Gasteltern und meine zwei Gastschwestern (9 und 16 Jahre) halfen mir, mich sehr schnell in den Alltag dort einzugewöhnen. Die deutsche Schule in Guadalajara, in der von klein auf Deutsch gelehrt und zum Teil auf Deutsch unterrichtet wird, umfasst einen Kindergarten, eine Grundschule und eine weiterführende Schule. Es war also eine große Unterstützung, dass die Menschen in meinem Umfeld Deutschkenntnisse hatten, und erleichterte mir, mich zu verständigen und Menschen kennenzulernen.

Außerdem begleitete ich meine Gastschwester ins Cheerleading und zu vielen Treffen mit ihren Freunden. Oft waren wir in Andares (eine große Shopping-Mall) und gemeinsame Besuche im Kino, Konzerte, Basketball und Fußballspiele der örtlichen Mannschaften blieben auch nicht aus. Meine Familie und neuen Freunde waren bei allen Aktivitäten immer mit großer Leidenschaft, Freude und ansteckender Begeisterung dabei. Ihr war es ein großes Anliegen, mir die mexikanische Kultur zu zeigen. So wurde ich mit gutem mexikanischen Essen, wie Tacos, Chilaquiles und Quesadillas umsorgt. Wir unternahmen zudem zahlreiche Ausflüge in wunderschöne und bunte Orte, zum Beispiel nach Chapala - den größten See Mexikos, Mazamitla - den höchstgelegensten Ort in der Gegend mit Bergen und Wäldern, Tlaqueaque - einem sehr traditionellen Stadtviertel und Tequilla - der Geburtsstädte des mexikanischen Getränks Tequila. Mit vielen ausführlichen Erklärungen durfte ich die Altstadt von Guadalajara und die Geschichte Mexikos kennenlernen. In den Schulferien flogen wir in das vorweihnachtliche New York und verbrachten anschließend einige Tage zusammen mit der Großfamilie am Strand der Pazifikküste in Vallarta, wo wir Wale bestaunten, die lebhafte Stadt und das warme Meer genossen.

Bereits zwei Wochen nach meiner Ankunft erlebte ich, was es bedeutet, ein Fest mit den Toten zu feiern. Am „Día de los Muertos“ (dem Totentag am 1. und 2. November) verfiel das gesamte Land in eine gemeinsame Party, bei der traditionelle Speisen gegessen wurden, viel getanzt und Mariachi-Musik gehört wurde und bunt geschmückte Straßen und Menschen allgegenwärtig waren. Auch durfte ich an der Silvester- und Weihnachtsfeier teilhaben. An Weihnachten werden „Posadas“ durchgeführt. Das sind Herbergssuchen, an denen - wie einst Maria und Josef - von Tür zu Tür gelaufen und gemeinsam musiziert wird. Ich durfte außerdem mein Glück beim Zerschlagen einer Piñata versuchen und im Anschluss um die Süßigkeiten ringen, die sich im Inneren befinden. Am 24. Dezember wird ein langes Abendessen mit der Familie gehalten und am 25. Dezember werden morgens dann endlich die Geschenke ausgepackt.

Der Austausch hat mir nicht nur in der persönlichen und sprachlichen Weiterentwicklung geholfen, sondern hat mir eine ganz andere Welt gezeigt. Die Leichtigkeit, mit der die Mexikaner leben, ihre Lebensfreude, ihr ganz spezieller Humor, die Gastfreundschaft und Offenheit faszinieren mich bis heute. Ich habe in Mexiko viele wahre Freunde und eine zweite Familie gefunden.

Cécile Gerencsér, 11a